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1. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 127

1877 - Oldenburg : Stalling
- 127 - hervorgerufen. Aber auch die Gebiete des Kirchenstaates hatten unter der Herrschaft der Franzosen die Wohlthat einer geordneten Rechtspflege und Verwaltung kennen gelernt, und besonders war die Bevlkerung in den Legationen und in Ancona durch das ppstliche Regiment nicht so tief, wie in Rom und der Umgegend, verderbt und verweichlicht worden. Durch die Nachbarschaft mit Modena und Parma ward die Aufregung gegenseitig vermehrt. Die Julirevolution forderte die Mivergngten im Kirchenstaate und in Modena zur Abschttelung des verhaten Joches auf. Man gab sich der Hoffnung hin, da Frankreich die Einmischung Oestrichs in die inneren Angelegenheiten Italiens nicht dulden werde, und mit den einheimischen Regierungen hoffte man schon fertig zu werden. Im Kirchenstaate schien, das nach dem Tode des Papstes Pius Viii. (30. Nov. 1830) eingetretene Interregnum zum Losschlagen gnstig. An der Spitze der Bewegung in Modena stand Menotti. Aber Franz Iv. hatte ihn durch den Schein, den er sich gab, als ginge er aus alle Entwrfe zu einer nationalen Erhebung Italiens ein, in arglistiger Weise umstrickt. Noch ehe Menotti losbrechen konnte, lie ihn der Herzog am Abend des 3. Febr. 1831 mit anderen Verschworenen verhaften. Da sich aber bald das ganze Land erhob und der< Herzog zugleich die in Bologna ausgebrochene Bewegung erfuhr, so entfloh er am 5. Februar, Menotti mit sich schleppend, nach Mantua, worauf sich in Modena eine provisorische Regierung bildete. Als in Bologna die Verhaftung Menotti's bekannt wurde, griffen die geheimen Gesellschaften zu den Waffen und nthigten den ppstlichen Statthalter zur Unterzeichnung eines Beschlusses, durch welchen eine provisorische Regierung und eine Brger-garde errichtet wurde. Am 8. Februar erklrte erstere unter groem Jubel des Volkes den Papst der weltlichen Herrschaft der Bologna fr verlustig, und bald verbreitete sich der Auf-stand mit Blitzesschnelle der den ganzen Kirchenstaat. Ueberall tauchten die grn-roth-weien Nationalfahnen auf und ein Freudenrausch ergriff die gefammte Bevlkerung. Den 13. Februar erhob sich auch Parma, und Marie Louise, Napoleons Wittwe, weder geliebt noch gehat, floh nach Piacenza. Auch in Parma ward eine provisorische Regierung gebildet. In

2. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 76

1877 - Oldenburg : Stalling
- 76 so wie die Mitglieder der Familie Bonaparte, wurden durch die Kammern auf ewig aus Frankreich verbannt-, besondere, wie Kriegsgerichte organifirte Prevotalhfe fr die Verbrechen aufrhrerischer Rufe und Handlungen nahmen so massenhafte Verhaftungen vor, da ihre Zahl sich bald auf 7000 belief. Ein solches Verfahren der Strenge und Rache unter der Herrschaft einer Knigsfamilie, die in den Herzen der Nation keine Wurzeln geschlagen, eines aristokratischen Adels, den man lngst beseitigt glaubte, erregte bedenkliche Unruhen im Volke, und in Grenoble, Lyon und Paris tauchten revolutionre Bewegungen auf. Ludwig Xviii. selbst sah sich ge-nothigt, am 5. Septbr. 1816 eine Kammer aufzulsen, die von ihren Anhngern im schmeichelnden, von ihren Gegnern im spttischen Sinne la cliambre introuvable (die unauffindbare Kammer) genannt ward. Die neue Kammer trat mit grerer Migung auf; die Prevotalhfe wurden aufgehoben, und ein freisinnigeres Wahlgesetz brachte viele Männer des gebildeten Mittelstandes in die Kammer. Auf dem Congre zu Aachen 1818 ward Frankreich als eine der fnf europischen Hauptmchte in den heiligen Bund aufgenommen, und Richelieu fetzte es durch, da die Occupationstcuppen, die Ludwig Xviii. zurckgefhrt hatten und feine Krone bewachten, schon jetzt, statt zwei Jahre spter, aus Frankreich abzogen. War auch der Jubel der die Rumung des Landes von fremden Truppen groß, so hrten deshalb die Parteikmpfe nicht auf. Sowohl die Ul-tra's, denen die Charte zu gewissenhaft gehandhabt ward, als die Republikaner und Bonapartisten setzten dem Ministe-rium Schwierigkeiten entgegen, und Richelieu legte endlich seinen Posten nieder. An die Spitze des neuen Ministeriums trat General Dessolles, aber die Seele desselben war der ta-lentvolle Decazes, der durch seine feinen Manieren die Gunst des Knigs erworben hatte. Freifinnigen Grundstzen zuge-than, rief er die Verbannten, sogar Knigsmrder, zurck, und ertheilte Prefreiheit. Als aber der Bischof von Blois, Gregoire, der einst die Hinrichtung Ludwigs Xvi. schriftlich gebilligt und geuert haben sollte, die Könige seien in der moralischen Ordnung, was die Ungeheuer in der physischen", in die Kammer gewhlt ward, da widersetzte sich der König

3. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 83

1877 - Oldenburg : Stalling
Ministeriums (le systeme deplorable) aufs Furchtbarste zu geieln, und der Minister sah sich endlich zur Abdankung genthigt. An seine Stelle trat am 4. Januar 1828 das Ministerium Martignac. Die Presse erhielt eine freiere Bewegung, die Wahlen wurden vor Umtrieben gesichert, und die kirchlichen von Jesuiten geleiteten Schulen ausgehoben. Martignac legte der Kammer zwei Gesetze vor, ein Municipal- und ein De-Partementalgesetz. Das erstere betraf die Gemeindeverwaltung und enthielt wesentlich folgende Bestimmungen: in jeder Gemeinde sollte dem von der Regierung zu ernennenden Maire ein Gemeinderath beigegeben werden, den eine aus den hchstbesteuerten und angesehenen Brgern bestehende Versamm-lung whlen wrde, und dieser sollte mit dem Maire die Gemeindeangelegenheiten selbststndig verwalten. Das De-partementsgesetz verordnete, da die Mitglieder der Arron-dissements- und der Departementalrthe, die bisher von der Regierung ernannt worden waren, knftighin gewhlt werden sollten und zwar die Arrondissementsrthe von den Cantons-Versammlungen (d. h. den Hchstbesteuerten des Cantons oder Unterbezirks), die Departementalrthe von der Arrondissements-Versammlung (d. h. den Hchstbesteuerten des Arrondissement). Beide Gesetze sollten auf die Selbstverwaltung der Gemeinden und Departements hinarbeiten und wren, indem sie die Thtigkeit auf das unmittelbar Nchste und leichter zu Ueber-sehende richteten, eine treffliche Uebungsschule fr richtige Ausbildung des politischen Urtheils und Ausbung politischer Rechte gewesen, und nur in solchen Gesetzen konnte, wenn irgendwo, die Rettung Frankreichs gesucht werden. Die Libe-ralen waren indessen mit den gemachten Vorlagen nicht zufrieden und suchten sie im demokratischen Sinne umzugestalten, woraus endlich der König die Zurckziehung beider Gesetzentwrfe befahl (7. April 1829). Da nun die der liberalen Partei gemachten Zugestndnisse, vom König mit Widerwillen zu-gelassen, diese zu stets weiterem Vorgehen reizte, so entlie Karl X. Martignac, der zuletzt alle Parteien gegen sich hatte (8. Aug. 1829). Fürst Julius von Polignac ward Prsident des neuen Ministeriums, das der ultra-royalistischen Richtung angehrte.

4. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 108

1877 - Oldenburg : Stalling
108 - Zeughauses und die Aufregung des Volkes gelang, und vierzigtausend Gewehre wurden unter die Menge vertheilt, die nun den Kampf gegen das russische Militr aufnahm, wobei viele hhere Offiziere, die auf die Kunde von dem Vorgefal-lenen zu ihren Corps eilen wollten, unterwegs vom Volke erschossen wurden. Die Nacht unterbrach den Kampf. Am anderen Morgen sahen sich die Russen von allen Seiten ein-geschlossen: Constantin, der das Ganze anfnglich nur fr einen Pbelaufstand gehalten, ertheilte nun den Truppen den Befehl zum Abzug und erreichte, nachdem die polnischen Re-gimenter nach Warschau zurckgekehrt, unangefochten die russi-sche Grenze. Nun gab sich die Bevlkerung in Warschau einem gren-zenlosen Freudenjubel hin, und bei der Schnelligkeit, mit der sich die Nachricht von dem Geschehenen im ganzen Lande ver-breitete, erhob sich ein Sturm der Begeisterung, von den Palsten der Groen bis in die rmste Htte hinab. Ohne alle Besorgni fr die Zukunft, herrschte in aller Brust nur das eine Gefhl, endlich des verhaten Joches ledig zu sein. Als sich der Freudentaumel etwas gelegt hatte, galt es, weitere Entschlieungen und Maregeln zu fassen. Fürst Lubecki, das einflureichste Mitglied des Perwaltungsrathes, der obersten Behrde fr die inneren Angelegenheiten Polens, stimmte dahin, einige populre Aristokraten in den Verwaltungsrath aufzunehmen, die er nach der ersten Aufregung wieder zu entfernen hoffte, um eine rckgngige Bewegung einzuleiten. Er drang indessen nicht durch; der Verwaltungsrath wurde am 4. December aufgelst, und eine provisorische Regierung gebildet, in der, auer Lelewel, nur aristokratische Namen saen, und an deren Spitze Fürst Ezartoryski trat. Die Meinungsverschiedenheit, welche zwischen der aristo-kratischen und demokratischen Partei von jeher bestand, trat nach dem 29. November wieder mit grerer Entschiedenheit hervor. Da der Ausstand von der demokratischen Partei und ihrem Anhang nun einmal ins Werk gesetzt war, so mute jeder Rckschritt unmglich werden, vielmehr war der Kampf jetzt in rcksichtslosem Vorgehen unter Aufbietung aller Krfte so lange zu führen, bis die liberalen Mchte, Frankreich und England, Gelegenheit zu Unterhandlungen oder zu einer Da- I

5. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 117

1877 - Oldenburg : Stalling
117 Unterdrckung ein, die sich immer mehr steigerte und im Vergleich mit welcher die trkische Herrschaft der die Griechen noch fr milb gelten mute. Diejenigen Mitglieber des Reichstages, die fr die Thronentsetzung des Hauses Romanow ge-stimmt hatten, wrben im Betretungsfalle nach Sibirien geschickt, gegen die Generale eine Untersuchung eingeleitet. *) Die Gter der Ausgewanberten wrben eingezogen, was bei Czar-toryski allein an 30 Millionen polnischer Gulden betrug. Die Entflohenen und Gechteten, beren man an 4000 rechnete, wanbten sich unter allgemeiner Theilnahme der Völker an ihrem Geschicke bet Deutschland nach der Schweiz, nach Frankreich und England, um in der Verbannung, das Brob der Trbsal essenb, gnstigerer Zeiten zu harren. Noch grer war das Unglck, das der das Land als solches verhngt wrbe. Alle Klassen des Volkes wrben einer unerhrten Militr- und Polizeityrannei unterworfen. Das ganze Land wrbe entwaffnet und den Bauern alle schneibenben Werkzeuge mit Ausnahme der zum Ackerbau nothwenbigen, abgenommen. Verheimlichung von Waffen warb mit dem Tode bestraft. Die russischen Behrben wetteiferten in Grausamkeit, Habsucht und Treulosigkeit in der Behanblung der Unterworfenen. Die Constitution von 1815 wrbe aufgehoben, bagegen das Land zu einer russischen Provinz mit gesonberter Verwaltung gemacht, in >eren einzelnen Palatinaten durch ein sogenanntes organisches Statut berathende Versammlungen eingesetzt wrben, die ohne alle Bebeutung waren. Paskewitsch, der fr die glckliche Beenbigung bieses Krieges den Titel: Fürst von Warschau erhalten, wrbe als Statthalter an die Spitze der Militr - und Civilgewalt gestellt. Die Polen bilbeten kein ; selbststnbiges Heer mehr, sonbern wrben den russischen Re-! gimentern einverleibt und in die entferntesten Gegenben, be-I sonbers nach dem Kaukasus, geschickt. Die Universitten zu Warschau und Wilna wrben geschlossen, die Schulen auf russischen Fu eingerichtet und russische Sprache und Geschichte .zu den wichtigsten Lehrgegenstnben erhoben. 25er Hebung der .katholischen Religion suchte man die grten Hinbernisse ent- *) Der elende Krukowiecki wurde in eine Heine Stadt im Innern ^'Rulands verwiesen, wo er mit Verachtung beladen endete.

6. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 125

1877 - Oldenburg : Stalling
125 ein. So war der Krieg binnen neun Tagen zu Ende. Die besiegten Kantone muten die Kriegskosten zahlen, ihre Re-gierungen mit liberalen oder radikalen vertauschen, den Sonderbund auflsen und die Jesuiten verweisen. Nun folgte eine Revision der Schweizer-Bundesverfassung und 1848 wurde der neue Bundesstaat gegrndet. An der Spitze desselben steht ein bestndiger aus sieben Mitgliedern bestehender Bundesrath mit einem von den Kantonalregierungen gewhlten Stnderath (erste Kammer) und mit einem frei aus der ganzen Volkszahl gewhlten Nationalrath (zweite Kammer!, der zu Bern seinen Sitz hat.*) Xi. Italien nach der Julirevolution. Die Ereignisse des Jahres 1821 (vgl. Iv.) hatten den Bruch zwischen den Negierungen und Vlkern Italiens noch erweitert. Die Fürsten bten, der Hlse Oestrichs sicher, gegen ihre Unterthanen den rgsten Druck aus, und diese, ohne Anhnglichkeit und Vertrauen zu jenen, hielten jedes Mittel fr erlaubt, sich an ihren Drngern zu rchen und sie zu strzen. Die alten Mibruche der italienischen Regierungen, Willkr und Unordnung in der Verwaltung, Bestechlichkeit der *) Der Kanton Nenfchatel ri sich damals von Preußen los und trat dem Schweizerbuude ganz und gar bei. Im August 1864 kam zu Genf eine internationale Convention in Betreff der Organisation des Dienstes der Kranken und Verwundeten im Kriege zu Stande-Die Revision der Bundesverfassung stellte im Januar 1866 neun Artikel auf, die sich auf die Verhltnisse der Eingewanderten, Ausschlieung gewisfer Strafarten, Glaubens- und Cultusfreiheit bezogen, aber mit Ausnahme eines einzigen durch die Volksabstimmung verworfen wurden. Das vaticanische Concil und das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes rief auch in der Schweiz kirchliche Wirren hervor, in Folge deren eine Dicefanconferenz" den infallibilistifchen Bischof Lachat absetzte (Jan. 1873), und die Genfer Regierung den vom Papste mit Umgehung der Genfer Verfassung erhobenen Bischof Mermillod auswies. Der Versuch einer Revision der Bundesverfassung scheiterte im Mai 1872 abermals.

7. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 264

1877 - Oldenburg : Stalling
- 264 - mit den Grundstzen der Freiheit und Gleichheit am meisten bereinstimmende Regierungsform bekannt gemacht, deren Fest-stellung aber von der Genehmigung des Volkes abhngen sollte, und die Ministerien besetzt waren (vgl. Xvi.), hatte die provisorische Regierung mit der Ausfertigung einer Menge von Decreten zu thun, die an die Civil- und Militr-^ autoritten in den Departements der die neue Ordnung der Dinge zu erlassen warnt. Dieselbe soll von ihrer An-fnft im Stadthause bis gegen Morgen, wo ihren Mit-gliedern vor Ermdung die Augen zufielen und die Feder ihren Hnden entsank, gegen siebzig Decrete und Erlasse ausgefertigt haben. Am Morgen des 25. Februar drohte der neuen Regie-rung groe Gefahr, von der rothen Republik berwltigt zu werden. Das Stadthaus wurde von einer Menge von 25 bis 30,000 Bewaffneten umringt. Die Revolution hatte bereits einen anderen Charakter angenommen, und lie be-frchten, da die gemigte Republik dem Socialismus und Communismus unterliegen werde. Unter den Massen erhoben sich rothe Fahnen, und an den Hten und Kleidern zeigten sich rothe Bnder. Ein Haufe drang tobend in das Be-rathungszimmer. Ein Fabrikarbeiter sprach die Forderungen der Menge aus, wobei er mit dem Kolben seines geladenen Gewehrs auf den Boden schlug, da die Wnde erdrhnten; er verlangte Einfhrung der Gtergemeinschaft, Errichtung einer Proletarierregierung und Annahme der rothen Fahne und Kokarde statt der dreifarbigen. Zugleich ertnte von drauen her der Ruf: Es lebe die demokratische und socia-listische Republik!" Damals war es Lamartine, der durch Geistesgegenwart und Ausdauer, durch seine hinreiende Beredsamkeit, durch Unerschrockenheit und Todesverachtung sich das grte Verdienst erwarb. Es gelang ihm, die Deputation der Arbeiter zum Abzug zu bewegen. Auch einen zweiten Volkshaufen von 45000 Mann, der am Nachmittage vordrang und noch strmischer auf Annahme der rothen Fahne und Bildung einer Proletarierregierung bestand, wute er zu beruhigen, indem er ihm, obgleich bisweilen den Mndungen der Gewehre ausgesetzt, die Worte entgegenhielt: Eure rothe Fahne hat keinen andern Umzug als aus dem Marsfelde

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 274

1877 - Oldenburg : Stalling
und gebe nur ungern den Eingriffen in dieselben nach. Die Majoritt in der Nationalversammlung setzte eine Beschrnkung des Wahlrechts und der Presse durch, und obgleich diese und hnliche Bestimmungen dem Prsidenten nur willkommen sein konnten, so erklrte er doch gelegentlich, die Nationalversammlung untersttze ihn nur da, wo es auf Repressiv-maregeln ankomme, aber nicht da, wo es sich um Ver-besserungen in der Lage der Massen handele. So verlor die Versammlung allmhlich die Liebe und Achtung beim Volke, dieses sah mehr auf den Prsidenten als auf seine Vertreter, und der Einflu Louis Napoleons breitete sich in demselben Mae aus, als der der Nationalversammlung sank. Daneben hatten die Parteien der Legitimisten und Drieaniften ihr besonderes Ziel im Auge; eine Fraction von beiden trat mit dem Vorschlag einer Fusion hervor, bei welcher die Orleanisten das Thronrecht Heinrichs V. anerkennen sollten, wogegen Heinrich V. den Grafen von Paris adoptiren wrde; der Vorschlag scheiterte aber an dem Widerstreben der strengen Orleanisten, die bei der nchsten Prsidentenwahl den Prinzen von Joinville durchzusetzen und durch diesen den Thron Ludwig Philipps fr den Grafen von Paris wieder aufrichten zu knnen hofften. Unterdessen machte Louis Napoleon im August Reisen durch die Provinzen und suchte die Beamten und Corporationen durch seine Ansprachen zu gewinnen, in denen viel von dem groen Oheim, vom Glnze des alten Kaiserthums die Rede war. Gelegentlich lie der sonst undurchdringliche Mann seine geheimsten Wnsche durchblicken, wie im Herbst 1851 in Lyon, wo er auf die Huldigungen der wohlhabenden Klaffen die Erklrung abgab, er fei bereit, den Volkswillen zu voll-ziehen, mge derselbe Entsagung von ihm verlangen oder Beharrlichkeit." In der Normandie drckte er sich noch bestimmter aus und wies auf die groen Fehler der Verfassung hin. Der grte Fehler war in seinen Augen der Artikel 45, der die Wiedererwhlung des ausgeschiedenen Prsidenten vor Ablauf von vier Jahren ausdrcklich untersagte. Seine Gewalt lief am 3. Mai 1852 ab. Die besitzenden Klaffen sahen mit Bewrgni in die Zukunft; in der Masse herrschte die Ueberzeugung, da nur Louis Napoleon das Staatsruder

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 276

1877 - Oldenburg : Stalling
276 des Staatsstreiches wurde auf den 2. December (1851), den Jahrestag der Krnung Napoleons und der Schlacht von Austerlitz, festgesetzt. Den Abend des 1. Decembers brachte Louis Napoleon im Elysee in zahlreicher Gesellschaft zu, mit der er sich bis gegen Mitternacht anscheinend heiter und unbefangen unter-hielt; beim Abschied bat er seine Base, die Prinzessin Mathilde, Tochter des ehemaligen Knigs Jerome und Gemahlin des russischen Grafen Demidow, um ein freundliches Andenken, besonders fr den Fall, da sie einander nicht wiedersehen sollten." In der Morgenfrhe des 2. Decembers, gegen fnf Uhr, lie der Prsident die Generale Changarnier, Cavaignac, Lamoricire, Bed.eau, ferner Thiers und andere angesehene Glieder der Kammeropposition, nebst Klubs- und Barrikadenchefs, im Ganzen gegen 100 Personen, meist in ihren Betten berraschen und nach verschiedenen Gefngnissen abfhren. Etwa 60 Volksreprsentanten, von dem, was vorging, benachrichtigt, waren nach ihrem Sitzungslokal geeilt, wurden aber vom Militr aus demselben vertrieben. Alle Maregeln waren mit wunderbarer Pnktlichkeit aus-gefhrt worden. Whrend der Nacht wurden in der Staats-druckerei ein Decret Louis Napoleons und zwei Proclamationen an das Volk und an die Armee gedruckt und noch vor Tage an den Straenecken angeschlagen. Das Decret erklrte die Auflsung des Staatsraths und der Nationalversammlung, die Wiederherstellung des allgemeinen Stimmrechts, die Ein-fhrung des Belagerungszustandes der Paris und zehn benachbarte Departements, und die Abhaltungen von Wahl-Versammlungen zwischen dem 14. und 21. December, die der Abnderungen in der Verfassung abstimmen sollten. In der Proclamation an das Volk klagte der Prsident die National-Versammlung an, Waffen fr den Brgerkrieg geschmiedet zu haben, und schlug die Wiederherstellung der Consularverfafsung von 1799 vor, die schon einmal Frankreichs Ruhe und Wohl-fahrt gesichert htte. Grundzge der Verfassung sollten sein: Ein auf zehn Jahre ernanntes verantwortliches Staats-berhaupt, und nur von ihm abhngige Minister; ein Staatsrath zur Ausarbeitung der Gesetzvorschlge: ein aus all-gemeinem Wahlrecht hervorgegangener gesetzgebender Krper,

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 211

1877 - Oldenburg : Stalling
211 Montpensier schifften sich nach England ein. Der Prinz von Joinville und der Herzog von Aumale befanden sich gerade in Algerien; auch sie zogen sich auf die Kunde von der Er-richtung einer Republik nach England zurck, wo Anfangs Mai die Familie Orleans versammelt war*). Am 25. Februar wurde von der provisorischen Regierung die Einfhrung der Republik unter Vorbehalt der Genehmi-gung durch das Volk bekannt gemacht. Die Ministerien wur-den besetzt: Lamartine bernahm das Aeuere, Ledru-Rollin das Innere. Alle Staatskrper, geistliche und weltliche Be-Hrden, die Befehlshaber der Land- und Seemacht erklrten die Anerkennung der provisorischen Regierung. Am 4. Mai sollte eine constituirende Versammlung eintreten. Frankreich aber war durch den Zusammenbruch des Juli-thrones einem Zustande der Anarchie Preis gegeben, und der Widerhall des furchtbaren Donners, der ihn zertrmmerte, sollte weithin die Völker Europas durchzucken. *) Ludwig Philipp erhielt noch in Dreux die Nachricht von der Errichtung der Republik, und eilte darauf, tief erschttert, mit der K--night nach der Kste der Normandie. Hier wollte er auf einem Fischer-boote nach England bersetzen, wurde aber durch das strmische Wetter verhindert. Er ging nach Havre, wo ihm der englische Viceconsul ein Schiff zur Verfgung stellte, das ihn und seine Gemahlin unter falschen Namen an die englische Kste brachte. Er nahm seinen Aufenthalt auf dem seinem Schwiegersohne, dem Könige der Belgier, gehrigen Schlosse Claremont in der Nhe von London, wo er als Graf von Neuilly am 26. August 1850 in einem Alter von 77 Jahren starb, ohne Hoffnung auf Wiederherstellung seiner Dynastie. 14*
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